Landesverband "Poliomyelitis" Thüringen
Selbsthilfeverband für Poliobetroffene und deren Angehörigen

 
Presseartikel über die Ausstellung "polio-kreativ"
 
 
1 / 2014 1 / 2012
 
19. 11. 2011 09. 09. 2011 21. 02. 2011 02. 02. 2011
 
IMPULS
24. 09. 2010 4 / 2010 2 / 2010 6 / 2009
 
2 / 2009 2 / 2009 22. 10. 2008 10. 07. 2008
 
31. 07. 2007 21. 09. 2007 03. 09. 2007 5 / 2007
 
2007 16. 06. 2006 19. 06. 2006 19. 06. 2006
 
 
 

 
    07. 01. 2014  
 

Raffinierte Bildkompositionen im Apothekergässchen

 

Foto: Sascha Margon

In der Apoldar Restaurant-Bar No.1 im Apoldaer Gäßchen wurde gestern Abend die Wanderausstellung "polio kreativ — Kunstwerke an Kinderlähmung Erkrankter" eröffnet. Ein Teil der über hundert Bilder werden dort bis zum 28. Februar gezeigt. Anita Diener (links) brachte die Ausstellung nach Apolda. Nachher zieht die Schau in die Thüringer Landesvertretung nach Berlin weiter. Auch die Künstlerin Uschi Schäfer (rechts) war zur Eröffnung gekommen. Ihre Bilder zeigen Kollagen mit digitalisierten Aufnahmen von slebst gezüchteten Kristallen. Die unter dem Mikroskop fotografierten Kristallen werden mir Landschaften oder Portraits verschmolzen.
 
 
    1 / 2012  
 

Wie PPS mein Leben veränderte oder DER NEUANFANG

von Robert Schmidt

 
     
Mit 14 Erstlingswerken ist Robert Schmidt bei der Wanderausstellung „polio kreativ" vertreten
Der Lebensbaum gehört für Robert Schmidt zu seinen Lieblingsmotiven

 
Vorgeschichte
1957 erkrankte ich mit drei Jahren an Polio. In der Akutphase waren beide Beine bis zum Bauchnabel gelähmt. Das rechte erholte sich komplett, während das linke Bein schmal und schmächtig mit einem instabilen Knöchelgelenk zurückblieb. Ein Innenschuh stabilisierte den Knöchel und glich die Verkürzung von 5,5 cm aus. 45 Jahre lang war ich damit sehr zufrieden. Meine Schulzeit verbrachte ich in einem Internat der Waldorfschule, in dem meine Behinderung eigentlich kein Thema war.
Vom Sportunterricht war ich befreit, nahm aber freiwillig, im Rahmen meiner Möglichkeiten, daran teil. Auch bei großen Wanderungen war ich dabei, die Entscheidung, ob ich daran teilnahm oder nicht, wurde weitgehend mir überlassen. Da es damals schon kein „Nein" für mich gab, überforderte ich bereits in jener Zeit meinen Körper.
Bei der Berufswahl setzte ich mich gegen den Willen der Ärzte durch und lernte Florist. Ein Beruf, der vornehmlich im Stehen ausgeführt wird. Nach einigen Wanderjahren durch diverse Läden machte ich mich mit einem kleinen Blumenfachgeschäft in der Fußgängerzone von Konstanz selbständig.
Der Anfang vom Ende
Es folgten 20 Jahre, in denen ich, im Nachhinein betrachtet, eigentlich einen radikalen Raubbau mit meinem Körper trieb. Ein 12-Stundentag war die Regel. Kräftezehrend waren vor allem Ausstellungen sowie Stoßzeiten wie Ostern, Valentinstag, Muttertag oder Weihnachten. In der Freizeit standen Tageswanderungen in den Bergen an. Auch der täglicher Besuch im Schwimmbad, um zu schwimmen (20 Bahnen), musste sein.
Mein Leben war einfach Power pur. Ich fühlte mich nicht behindert. Wahrscheinlich wollte ich allen zeigen, dass auch ich dazugehöre. Es gab einfach keinerlei Einschränkungen. Ich war schmerzfrei und fühlte mich sehr wohl.
Und trotz allem Stress gehören die Jahre auch zu den schönsten meines Lebens.
Es hat unendlich viel Spaß gemacht, ich habe mich beruflich voll austoben können, ohne dass mich irgendjemand in die Schranken wies.
Das Ende
Ganz langsam und schleichend veränderte sich mein gesundheitlicher Zustand. Immer öfter bekam ich schmerzstillende Spritzen in den Wirbelkanal und danach strenge Bettruhe auf dem damals noch populären Stufenbett. Ich musste mich daran gewöhnen, dass ich immer Schmerzen hatte, die mich sehr belästigten. Die Kraft im linken Bein ließ nach, ich bekam eine Orthese von der Hüfte bis zu den Zehen, ohne die ein Gehen nicht mehr möglich war. Mich verließ die Ausdauer beim Laufen. Das Wandern musste ich aufgeben, auch das tägliche Schwimmen war kräftemäßig nicht mehr möglich. Es war mir auch zu kalt in den Schwimmbädern. Meine komplette Freizeit verbrachte ich mit Schlafen. Andererseits konnte ich viele Nächte trotz Erschöpfung nicht schlafen, da mir beide Beine schmerzten. Ganz langsam musste ich mir eingestehen, dass ich am Ende war.
Meine Neurologin diagnostizierte das Post-Polio-Syndrom, Restless-Legs-Syndrom und Burn-Out. Sie stellte mich vor die Endscheidung, den Beruf aufzugeben oder in einem Jahr im Rollstuhl zu sitzen. Ich war psychisch und physisch total am Ende.
Ein Neuanfang
Der Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente wurde zum Glück schnell bewilligt. Am schwersten fiel mir der Abschied von meinem sehr geliebten Blumengeschäft sowie das Ausscheiden aus meinem Beruf. Ich fühlte mich von 120 auf null ausgebremst, wie ein Knall gegen eine Mauer.
Mit 50 Jahren in Rente, ich hatte ZEIT, unendlich viel ZEIT, mit der ich nichts anzufangen wusste. Ich hing nur nutzlos herum und hatte ein schlechtes Gewissen meinem Lebenspartner gegenüber. Stundenlang hing ich meinen wirren Gedanken nach, kein Radio und kein Fernsehen. Die ständige Berieselung mit Geräuschen machte mich zappelig und bereitete mir nur Stress. Ich wollte nur Ruhe, Ruhe, Ruhe.
Nur mein Lebensgefährte und meine Neurologin halfen, mir diese Zeit durchzustehen. Die Neurologin war es auch, die mich zur Reha in den Quellenhof schickte. Dort fühlte ich mich sehr wohl. Ich begann zu malen, und mich interessierte die Kunsttherapie. Der Therapeut Herr Blessing vermittelte mir dabei das nötige Selbstvertrauen. Inzwischen vergesse ich beim Malen Zeit und Raum, gehe voll auf in dem, was ich tue, vergesse Schmerzen und den Alltagsstress. Kurz — Malen tut mir unendlich gut.
Zwischenspiel?
Mit 14 Erstlingswerken bin ich bei der Wanderausstellung „polio kreativ" vertreten.
Zusätzlich zu einigen Ausstellungen stehe ich mit meinen Bildern, einer Kunstkartenkollektion sowie Kalendern und Drucken auf diversen Kunstmärkten.
Das füllt mich wieder voll aus, ich bin zur Ruhe gekommen. Wenn es mir gut geht, fahre ich mit meinem Scooter alleine in den Wald, genieße meinen speziellen Freund, die RUHE, und lausche den Geräuschen des Waldes.
Um Stress, meinen größten Feind, zu vermeiden, werden nur vormittags Termine erledigt. Nichts auf der Welt ist so dringend, dass es SOFORT erledigt werden muss.
Nach dem täglichen Mittagsschlaf gehört der Nachmittag dem Malen und dem Wald und am Abend ist Lesen angesagt. Fernsehen gibt es nicht oder sehr selten. Ich lass mich doch nicht mit Werbung voll ballern, die nur hin und wieder von einem Stück Spielfilm unterbrochen wird. Das tu ich mir nicht an.
Die Welt um mich ist wieder in Ordnung, ich fühle mich wieder sauwohl.
Danksagung
Dankbar für meine jetzige Situation bin ich natürlich meinem Lebensgefährten, der mich schon seit 29 Jahren begleitet und alle Sorgen und Probleme von mir fernhält. Danke auch an meine Neurologin und den Therapeuten und der Ärztin, Frau Doktor Ascheron im Quellenhof.
Nur mit diesen Menschen an meiner Seite gelang mir der Aufstieg aus dem Jammertal, in das ich nach der Aufgabe meines Berufes stürzte. Mit einem eisernen Willen und der Hilfe jener Menschen habe ich wieder zu meiner lebensbejahenden Einstellung zurückgefunden.
Es geht wieder weiter. Mein Lebensbaum hat den Sturm überwunden und gehört zu meinen Lieblingsmotiven beim Malen, was mein Lebensinhalt geworden ist. Malen kann einem unendlich viel geben, versuchen Sie's doch auch mal .
Hier ein paar Anregungen und Empfehlungen, wie Sie Stress vermeiden können.
Es klappt, versuchen Sie's mal!
 
10 Tipps zur Vermeidung von Stress im privaten Umfeld
  1. Schmeißen Sie den Wecker über Bord. Lassen Sie sich nicht von der Zeit tyrannisieren.
  2. Lassen Sie auch mal für einige Stunden das Radio aus. Es strengt zu sehr an, wenn immer gegen die Hintergrundmusik gesprochen werden muss.
  3. Das Gleiche gilt erst recht für den Fernseher. Oder haben wir abends wirklich nichts Schöneres vor, als uns stundenlang von Werbung berieseln zu lassen?
  4. Kaufen Sie sich einen Anrufbeantworter. Lassen Sie diesen immer eingeschaltet. Entscheiden Sie selbst, ob Sie das Telefonat entgegennehmen oder lieber später zurückrufen wollen.
  5. Benutzen Sie ihr Handy nur für den Notfall. Lassen Sie es aus. Nichts ist so wichtig, dass wir es sofort erfahren müssten.
  6. Kaufen Sie sich eine Türklingel, die mit ihrem tragbaren Telefon gekoppelt werden kann. So können Sie, ohne Ihr Lieblingsplätzchen verlassen zu müssen, lästige Besucher abwimmeln.
  7. Nehmen Sie öfters ein entspannendes Bad mit Duft-Öl und Kerzenschein.
  8. Planen Sie für jeden Termin viel Zeit ein. Kommen Sie lieber in Ruhe früher zu dem Termin, als in Panik zu spät.
  9. Machen Sie Ihrer Familie klar, dass Sie als Polio viel Ruhe brauchen, die lieben Enkelkinder daher nicht immer nehmen können. Ihre Kinder wollten Kinder, welche nicht bei den Großeltern aufwachsen sollten.
  10. Denken Sie auch mal an sich. Machen Sie nur noch Dinge, die Ihnen Spaß machen. Alles andere hat Zeit. Selten ist etwas so wichtig, dass es sofort erledigt werden müsste.

Anmerkung
Ok, zugegeben, solange man noch im Berufsleben steht, lassen sich solche Ratschläge oftmals nur schwer umsetzen (vor allem den mit dem Wecker). Aber wenn nur fünf Punkte beherzigt werden, haben wir alle etwas weniger Stress im Alltag. Es kommt auf einen Versuch an.



 
 
 
 
    19. 11. 2011  
 

Als "Polio" für andere Betroffene im Einsatz

Anita Diener erhält die "Thüringer Rose" für ihr Engement als Ehrenamtlerin

 

 
Oßmannstedt. Bernd Diener hatte sich das im Frühjahr 2010 so schön ausgemalt: Wenn gut ein Jahr nach ihm auch seine Frau Anita ihren Ruhestand antreten würde, hätten sie endlich mehr Zeit füreinander und die schönen Dinge des Lebens. Und Anita Diener hat sich zwar tatsächlich zu ihrem 60. Geburtstag aus dem Berufsleben verabschiedet - sie arbeitete bis dahin im Landratsamt des Kreises Weimarer Land, flitzt aber seither noch mehr durch die Weltgeschichte als Vorher. „Das ist fast, als sei ich alleinstehend", frotzelt Bernd Diener, der dabei allerdings unter den Tisch fallen lässt, dass er seine ehrenamtlich höchst aktive Partnerin nach Kräften unterstützt. Beispielsweise in ihrer Aufgabe als Kuratorin.

 
Bei jedem Wetter
Fünf Jahre ist es her, dass Anita Diener, die mit ihrem Mann in Oßrnannstedt lebt, eine Ausstellung auf die Beine gestellt hat, die ausschließlich von an Kinderlähmung erkrankten Künstlern aus ganz Thüringen gestaltet wurde. Anlass war der 10. Poliomyelitis-Tag des Polio-Landesverbandes, dem die heute 60-Jährige damit schlicht eine besondere Note geben wollte. Die Schau wurde nicht nur einmal gezeigt, sie tourt vielmehr seither durch das In- und Ausland. Im Januar etwa soll sie in Trier zu sehen sein, im Oktober in Kopenhagen. Und es ist Anita Diener, die die mehr als einhundert Arbeiten - Bilder, Fotografien und Keramiken - mit einem Miettransporter zu den Ausstellungsorten bringt, sie dort behutsam auspackt, anordnet und am Ende wieder genauso sorgsam verpackt und ins Depot im Landratsamt Apolda fährt, das ihr die Kreisverwaltung zur Verfügung gestellt hat. Die Oßmannstedterin überwindet dabei viele Schwierigkeiten: Nicht nur, dass sie bei Wind und Wetter Tausende von Kilometern am Steuer des nicht eben kleinen Gefährts sitzt, weil ihr Mann sie zwar gern begleitet und ihr beim Auf- und Abbau zur Hand geht, aber das Selberlenken seine Sache nicht ist. Mit ein paar Brocken Englisch und einem Übersetzungsprogramm am PC bereitet sie auch Ausstellungen im europäischen Ausland vor. Getreu dem Motto „Schwierigkeiten sind dazu da, überwunden zu werden" setzt sie alles daran, der Weit zu zeigen, dass Menschen, die an Kinderlähmung und deren Spätfolgen leiden und schwer- oder sogar schwerstkrank sind, in ihre künstlerischen Arbeiten pure Lebensfreude gießen. Selbst jene, die im Rollstuhl sitzen und massiv gehandicapt sind. Anita Diener ist das nicht zuletzt ein Anliegen, weil sie selbst eine Betroffene ist. Im Alter von vier Jahren erkrankte sie an Kinderlähmung, anderthalb Jahre verbrachte sie deswegen im Rudolfstädter Krankenhaus. Obwo sie noch so klein war, hat sie bis heute das Bild vor Augen, wie sie in der Eisernen Lunge steckte und von Kopf bis Fuß steif wie ein Brett war. Danach ging es ihr zwar besser als anderen Erkrankten, doch ihr linkes Be ist zeitlebens schwächer geblieben als das rechte. Als vor Jahren dann auch noch Spätfolgen der Krankheiten wie Atemprobleme dazukamen und sie der Verzweiflung nahe war, rieten ihr der Arzt, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. „Eigentlich wollte ich da nie hin, aber ein Mitglied der Polio-Gruppe Weimar/Weimarer Land ermunterte mich immer wieder dazu", erinnert sie sich.
 
Hohe Würdigung
Schneller als gedacht fand Anita Diener mit der Gruppe nicht nur Anschluss und Austausch, sondern auch eine neue Aufgabe: Wenig später war sie Sprecherin der Gruppe, Ende 2001 auch Sprecherin des Landesverbandes. Dass sie für ihr Engagement heute mit der „Thüringer Rose" geehrt wird, freut sie ungemein. Für die Feier auf der Wartburg will sie sich richtig in Schale werfen - natürlich gemeinsam mit ihrem Mann „Denn ihm gehört die Auszeichnung zur Hälfte."
 
ZUR SACHE
Zeichen der Ehrung
Eisenach. Thüringens Sozialministerin Heike Taubert (SPD) zeichnet heute auf der Wartburg elf Thüringerinnen und Thüringer für ihr bürgerschaftliches Engagement mit der „Thüringer Rose" aus. Mit dieser Medaille werden Menschen geehrt, die sich in gemeinnütziger und überdurchschnittlicher Weise für Schwächere engagieren. Die Thüringer Rose ist ein Zeichen der Würdigung, das an die Heilige Elisabeth erinnert. In diesem Jahr geehrt: Adelheid Bäger (58, Eisenberg), Ilse Böttinger (Ruhla), Anita Diener (Oßmannstedt), Helga Hammer (Zeulenroda-Triebes), Egon Haupt (Oberbösa), Christa Hinkeldein (Erfurt), Waltraud Hippel (Ilmenau), Barbara Petsch (Apolda), Helga Peter (Worbis), Heide Schödl (Sondershausen) und Leonid Schkolnikow (Ilmenau).
 
 
 
 
    09. 09. 2011  
 

Ausdruck purer Lebensfreude

Eine von Polio-Kranken gestaltete Austellung tourt seit fünf Jahren durch die Bundesrepublik
 

 
0ßmannstedt. Anita Diener war vier Jahre alt, als sie an Kinderlähmung erkrankte. An die Zeit im Rudolstädter Krankenhaus, wo die heute 60-Jährige die folgenden anderthalb Jahre verbringen musste, kann sie sich kaum erinnern. „Nur noch daran, dass auch ich eine Zeit lang in der Eisernen Lunge steckte und von Kopf bis Fuß stocksteif war, so dass mich die Schwestern im Bett aufgestellt haben, wenn meine Eltern zu Besuch kamen um mir durch die Glasscheibe zuwinkten."
 
Die 13. Station

Trotzdem vergeht kein Tag, an dem Anita Diener, die heute in Oßmannstedt im Kreis Weimarer Land lebt und nach langjähriger Tätigkeit im Landratsamt Apolda seit kurzem ihren Ruhestand genießt, nicht an die Krankheit denkt. Zwar geht es ihr besser als vielen anderen Betroffenen, ihr linkes Bein aber blieb zeitlebens schwächer als das rechte. Und inzwischen zeigen sich auch bei ihr Symptome des Post-Polio-Syndroms, das vielen „Polios", wie sich die Erkrankten selbst augenzwinkernd nennen, erst Jahrzehnte nach der Infektion zu schaffen macht. "Trotzdem wollte ich nie in eine Selbsthilfegruppe", sagt Anita Diener. "Ich dachte immer, dass man sich da gegenseitig nur die Ohren volljammert und das mochte ich nicht."
Deshalb habe ihr Arzt sie auch lange bearbeiten müssen, ehe sie vor über zehn Jahren schließlich doch zu einem Treffen der Selbsthilfegruppe "Poliomyelitis" Weimar/Weimarer Land ging - und sich dort sofort gut aufgehoben fühlte. Nicht nur, weil man sich in der Gruppe über den Umgang mit der Krankheit und Therapien austauschen kann, man lacht auch miteinander und trifft sich zu Ausflügen, an denen möglichst auch die Schwerstbehinderten teilnehmen. "Und schwupps - sechs Monate später war ich Sprecherin der Gruppe, Ende 2001 auch Sprecherin des Landesverbandes ,Poliomyelitis'." Dass es ihr in dieser Eigenschaft gelungen ist, eine von Polios gestaltete Wanderausstellung zu organisieren, die durch die gesamte Bundesrepublik und bald auch durch Europa tourt, macht die Oßmannstedterin stolz.
„Ich wollte einfach, dass der 10. Polio-Tag des Landesverbandes 2006 etwas Besonderes wird. Und als dann jemand aus unserer Gruppe meinte, dass doch auch Polios kreativ sind, war plötzlich der Gedanke da: Wie wäre es mit einer Ausstellung, von Polios selbst gestaltet?" Anita Diener startete einen Aufruf im Polio-Forum im Internet und in den Polio-Nachrichten - und war überrascht von der großen Resonanz. „Bis dahin kannte ich Ausstellungen nur aus Museen. Zum Glück hatte ich mit Bärbel Reuter eine nette Kollegin, die sich damit auskannte und mir von Galerieleisten, Lichtverhältnissen, Versicherungen und vielem mehr erzählte." Mit Unterstützung von Ehemann und Freunden gelang es, die Schau tatsächlich auf die Beine zu stellen und im Juni 2006 im Schloss Kromsdorf zu eröffnen. Künstler aus der ganzen Bundesrepublik, die an Kinderlähmung erkrankt und schwer- oder schwerstbehindert sind, steuerten Arbeiten bei: Gerlinde Steenbeck aus Jena etwa figürliche Keramik, Gerlinde Bonneberg aus dem Landkreis Peine Kleinkeramik und Lore Spielvogel aus Jena Reisefotografien. Anita Diener: „Viele Künstler versuchen, ihre Krankheit kreativ zu verarbeiten. Vielleicht ist es gerade deshalb eine besonders farbenfrohe Ausstellung geworden, die pure Lebensfreude ausstrahlt".
Mittlerweile hat die Schau ihre 13. Station erreicht. Nachdem sie unter anderem in Tabarz, Bad Liebenstein, Rottweil (Baden-Württemberg), Rheinsberg (Brandenburg), Rostock, Koblenz, im Sozialministerium von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin und - erstmals vollständig mit allen 103 Exponaten - in der Reha-Klinik im sächsischen Wiesenbad zu sehen war, schmückt sie seit Februar die Hauptgeschäftsstelle der Volksbank in Weimar. Bis 2013 sind schon Termine in Augsburg, Trier, Koblenz und in Brüssel geplant obendrein liegen Anfragen der Dänischen Polio-Union für eine Ausstellung in Kopenhagen, von der Deutsch-Polnischen Gesellschaft für Szczecin sowie von den Polio-Landesverbänden Niedersachsen, Saarland und Nordrhein-Westfalen vor.
Nie hätte Anita Diener das für möglich gehalten - erst recht nicht, dass es mittlerweile sogar eine Warteliste gibt. Aber obwohl der organisatorische Aufwand nicht gering ist, jubelt ihr Herz: Zeigt die Schau doch, von welcher Gestaltungskraft Menschen beseelt sind, die seit der Infektion schwer gehandicapt sind, mitunter nie wieder aus dem Rollstuhl herauskamen. „Wir bauen damit eine Brücke", ist Anita Diener überzeugt, "zwischen Menschen mit und Menschen ohne Behinderung."
 
 
 
 
    21. 02. 2011  
 

Polio-kreativ in der VR-Bank

 
Landkreis. Eine Ausstellung mit Bildern und Fotografie von Menschen, die von Poliomyelitis betroffen sind, wird am Mittwoch in der Apoldaer VR-Bank eröffnet. Die Wanderausstellung, deren Exponate viel Lebensfreude und Optimismus ausstrahlen, soll die Thematik der Krankheit stärker in das Blickfeld der Öffentlichkeit rücken.
 
 
 
 
    02. 02. 2011  
 

Der weite Weg einer Ausstellung

In der VR-Bank Weimar wird kommenden Mittwoch eine Ausstellung eröffnet, die einen weiten Weg hinter sich hat

 
Apolda. Im Jahr 2006 wurde gerade der 10. Thüringer Polio-Tag vorbereitet, als aus der Selbsthilfegruppe Weimar/Weimarer Land diese Idee kam: Wie es denn wäre, zu diesem Tag in Schloss Kromsdorf eine Ausstellung mit Kunstwerken von Menschen zu gestalten, die seit ihrer Erkrankung an Kinderlähmung mit Behinderungen leben müssen. Gesagt und getan. Doch niemand ahnte damals, welche Erfolgsgeschichte die Ausstellung „polio kreativ" schreiben würde. Sie ist nicht nur den Künstlern, zu denen auch Heidrun Becker-Beltz aus Bad Berka gehört, zu verdanken, sondern vor allem dem unermüdlichen Einsatz von Anita Diener. Die Mitarbeiterin des Landratsamtes Weimarer Land ist bekanntlich Sprecherin des Landesverbandes Poliomyelitis. Akribisch hat sie den Weg der Ausstellung aufgelistet. Von Kromsdorf aus ging es nach Tabarz, Bad Liebenstein, Rottweil (Baden Württemberg) und Erfurt. Im Sommer 2008 wurde sie im Landratsamt in Apolda gezeigt, danach im brandenburgischen Rheinsberg. Von hier aus wanderten die Bilder nach Rostock. Vollständig konnte die auf über einhundert Bilder angewachsene Ausstellung indes erstmals 2009 im sächsischen Wiesenbad gezeigt werden. Nachdem sie anschließend in der VR-Bank Apoida zu sehen war, ging sie auf Einladung des rheinland-pfälzischen Larndesverbandes Poliomyelitis nach Koblenz und von dort nach Schwerin ins Sozialministerium, um anschließend in Potsdam Station zu machen. Und auch nach Weimar ist die Warteliste längst nicht abgearbeitet.
 
 
 
 
    24. 09. 2010  
 

Eröffnung der Ausstellung „polio kreativ"

 

 
Brigitte Schmidt: Geometrie Acryl

 
Der Landesverband „Poliomyelitis" Thüringen hat zum 10. Poliotag Thüringen 2006 eine Ausstellung mit dem Namen „polio-kreativ" initiiert, die zwischenzeitlich zu einer sehr erfolgreichen Wanderausstellung geworden ist.
Sie umfasst zurzeit ca. 100 der unterschiedlichsten Formate und Techniken. Die Künstler, die aus der ganzen Bundesrepublik kommen, sind alle an Kinderlähmung erkrankt und schwer- bzw. schwerstbehindert. Durch ihre Gestaltungskraft versuchen sie ihre Krankheit zu verarbeiten.
Vielleicht ist es gerade aus diesem Grund eine sehr farbenfrohe Ausstellung, die Lebensfreude und Kreativität ausstrahlt.
 
 
 
 
    4 / 2010  
 

Im Interview UNDINE WALTHER von Uschi Schäfer

 

 
Klein, mit langen, dunklen, kaum zu bändigenden Locken sitzt sie in ihrem Rollstuhl, hinter ihren Brillengläsern blitzt der Schalk: Undine Walther, eine der Künstlerinnen der Wanderausstellung „polio kreativ".
Uschi Schäfer hat die 63-Jährige, die sie seit über 36 Jahren aus Thermalbad Wiesenbad kennt, gebeten, ein wenig über ihr Leben zu berichten.

 
Undine: Ach, liebe Uschi, was soll ich von mir erzählen, 63 Jahre befinde ich mich auf unserem Erdball. Schule, Lehre, Beruf, Invalidisierung wegen Polio und einem diagnostizierten schweren Lungenleiden, also wurde ich mit 19 Jahren aus dem Verkehr gezogen. Aber das Leben ging weiter. Bis zur Wende hat man mir die Möglichkeit geschaffen, drei Stunden in Heimarbeit als Maschinenschreiberin für den VEB Mikroelektronik Erfurt, Abteilung Materialwirtschaft, zu arbeiten. Dadurch konnte ich mir zu meiner kleinen Invalidenrente ein paar Mark dazu verdienen.
Ja, das Wichtigste in meinem Leben war der 4. April 1974, denn an diesem Tag ist mir Heinz, (mein Mann seit 36 Jahren) in Thermalbad Wiesenbad über den Weg gelaufen. Es war Liebe auf den ersten Blick — beiderseitig. Ich sagte zu meinen Mitkurenden: Das ist meiner! Und er sagte zu seinem Kumpel: Finger weg, das ist meine! So war's um uns geschehen! Es stellte sich heraus, wir waren beide aus Erfurt, hatten beide in den 60iger Jahren im Erfurter Rathaus gearbeitet, uns aber nie gesehen. Wir mussten erst in meine, nun unsere zweite Heimat Wiesenbad zur Kur fahren, um uns zu finden. Drei Monate nach unserem Kennenlernen waren wir verheiratet. Es ging also wie's Bretzel backen.
Uschi: Einige Deiner Werke wandern mit der Ausstellung „polio kreativ" seit 2006 durch Deutschland. Du hattest bis dahin bereits zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen und Personalausstellungen. Warst Du schon immer so kreativ, oder wie bist Du zur Kunst gekommen?
Undine: Bis ca. 1980/81 war die Musik, genauer gesagt der Gesang, mein Hobby und Lebensinhalt, z. B. in einem Schlagerchor des VEB Funkwerk Erfurt.
Das gemeinsame Leben nach meiner Heirat hatte viel mit bildkünstlerischem Gestalten zu tun, meinerseits zunächst als beobachtender Begleiter. 1981 gründete mein Ehemann Heinz einen Zirkel Malerei/Grafik. Ich wurde Gründungsmitglied, es begannen eigene künstlerische Ambitionen. Wen es einmal gepackt hat, den lässt es nicht mehr los. Bis zum heutigen Tag existiert der Zirkel. Ich gehöre zum Vereinsvorstand und kümmere mich um die Finanzen.
Uschi: Du arbeitest relativ großformatig. Das stelle ich mir besonders bei den Holzschnitten körperlich sehr anstrengend vor. Wie schaffst Du das mit Deiner Behinderung? Hat Deine Physiotherapeutin dann immer viel Arbeit mit Dir?
Undine: Es ist in der Tat körperlich sehr anstrengend, vor allem das Drucken bzw. das Farbeinwalzen der Druckstöcke. So musste ich mich leider von dieser Technik verabschieden. Wir haben auch maschinelle Hilfsmittel getestet, aber auch dazu reicht die Kraft nicht mehr. Drucken ist natürlich auch Kollektivarbeit, Arbeitsteilung macht es möglich.
Ja, du hast recht, Physiotherapeuten im Erfurter Bewegungszentrum oder Therapeuten in Thermalbad Wiesenbad, wo wir uns jährlich aufhalten, geben sich die größte Mühe, mich fit zu halten.
 

 
Uschi: Ich habe von Dir schon Aquarelle, Acrylmalerei und Grafiken gesehen. Welches ist Deine Lieblingstechnik.
Undine: Aquarelle und Aquacryl (eine Technik, die die Vorteile der Acrylfarben mit denen der Aquarellfarben miteinander verbindet) sind mir am liebsten, weil am wenigsten anstrengend. Die Arbeiten entstehen aus der Vorstellung nach entsprechenden Erlebnissen. Wir Polioten können uns ja die Motive nicht erlaufen. Aber genauso gern zeichne ich skurrile Dinge, die man dann vielleicht in eine Radierung umsetzen kann. Wie arbeitest Du bei den Computergrafiken, hast Du das Bild bereits fertig im Kopf, oder lässt Du es sich entwickeln?
Undine: Und nun habe ich mich an die Computergrafik gewagt, es sind die ersten Versuche. Der Computer hat mich eigentlich von der Malerei etwas weggeholt, zum Bedauern meines Mannes. Bildbearbeitung, Bildcollagen, Bildmontagen usw. treten in den Vordergrund.
Wie in den anderen Techniken ist alles ein Wechsel zwischen Versuch und Irrtum. Die Vorstellungen sind mehr oder weniger vorhanden, es gibt bei uns im Zirkel einen Satz: Es malt mich! Ein Prozess, der bei jedem anders verläuft und schwer zu beschreiben ist. Bei mir gibt es z. B. keine Skizzen, es geht gleich richtig los, ohne viel zu überlegen! Sonst würde ich die Geduld verlieren.
 

 
Uschi: Die meisten Deiner Gemälde strahlen Lebensfreude und Optimismus aus, auch durch ihre strahlenden Farben. Bei Deinen Grafiken fällt mir auf, dass manche sehr traurig, ja sogar bedrohlich wirken. Wie kommt das?
Undine: Nur durch Freude, die man sich im Leben selbst machen muss, mit anderen zusammen ist Leben erst wirklich lebenswert. Optimismus ist dabei wichtig, aber es gibt auch die andere Seite, die man nicht ausblenden kann. Optimismus, Freude, Trauer und auch Ängste machen die Wirklichkeit aus, alles andere führt zu Illusionen in positiver oder negativer Weise.
 

 
Uschi: Du lachst so gerne und steckst andere mit Deinem Lachen an. Dieser traurige Clown auf dem Farbholzschnitt „Zwei Seelen", der so mühsam einen Mundwinkel zum Lächeln verzieht und dessen Auge auf der „lächelnden" Seite ebenfalls ganz traurig blickt, bist Du das auch?
Undine: Mein Großonkel war Artist und Clown, meine Tante Tänzerin und Schauspielerin. Er war ein begnadeter Komiker, deshalb greif ich dieses Thema immer wieder auf. Die Arbeit des Clowns wiederspiegelt Freude und Trauer, macht Niederlage und Traurigkeit zum Wiederlachen. Beide hatten ihre Tochter immer mit auf Tournee, die Kleine hatte schwere Leukämie. Sie haben während einer Veranstaltungsreise eine Stunde vor ihrem Auftritt ihre gerade verstorbene 10-jährige Inge im Hotelzimmer zurücklassen müssen.
Kann Leben traurig komischer sein? Hinter einer Clownsmaske sieht man das wirkliche Leben nicht!
 

 
Uschi: Es gibt viele Menschen, die gern malen möchten, aber meinen, sie hätten kein Talent. Kannst Du denen einen Rat geben?
Undine: Einfach anfangen, probieren, ohne Angst vor neuen Herausforderungen. Nicht alles muss gelingen. Man darf nicht die Zwangsvorstellung haben, jetzt muss es ein ganz tolles Bild werden.
Uschi: Was fällt Dir zum Thema: Kreativität und Behinderung ein?
Undine: Das Beste, was einem Menschen mit Behinderung passieren kann, ist die Begegnung mit der Kunst, ob als Kunstkonsument oder Produzent Immer ist es eine Bereicherung, aber das weißt du ja selbst, liebe Uschi!
Uschi: Liebe Undine, wir danken Dir für das Gespräch und wünschen Dir noch viele Ideen für neue Bilder und vor allem Kraft, diese Ideen umzusetzen.
Das Gespräch führte Uschi Schäfer, Poliogruppe Jena. Die Bilder stellte Familie Walther zur Verfügung
 
 
 
 
    2 / 2010  
 

An Kinderlähmung erkrankte Künstler
stellen ihre Werke aus

von Christa Kollak

 
Die Wanderausstellung mit der Thematik „polio creativ" hat sich seit ihrem Bestehen 2006 sehr erfolgreich in der Bundesrepublik etabliert
Durch den Landesverband Poliomyelitis Thüringen ins Leben gerufen umfasst diese Ausstellung jetzt über 100 Bilder. Gemeinsam mit dem Landesverband Mecklenburg-Vorpommern war diese schon 2009 in der Küstenmühle Rostock zu sehen. Da es sehr große Resonanz gab, konnten die Werke nochmals nach Mecklenburg-Vorpommern geholt werden. Am 24.03.2010 ist die Ausstellung „polio creativ" im Ministerium für Arbeit und Soziales in Schwerin in Anwesenheit der Sozialministerin Schwesig eröffnet worden.
Die Ausstellung ist keine gewöhnliche Präsentation künstlerischen Schaffens.
 

 
     

 
Sie zeigt Bilder von Menschen, die an Kinderlähmung erkrankt sind und schwer- bzw. schwerstbehindert sind. Die Ausstellung zeigt, dass Kunst keine Behinderungen kennt. Jeder kann kreativ sein, man muss nur die Möglichkeit haben, sich frei zu entfalten.
Dies ist den Künstlern gelungen. Durch die Gestaltungskraft ihrer Bilder versuchen sie, ihre Krankheit zu verarbeiten. Vielleicht ist es gerade deshalb eine sehr farbenfrohe Ausstellung geworden, die Lebensfreude und Kreativität ausstrahlt.
Der Landesverband Poliomyelitis Mecklenburg-Vorpommern war besonders erfreut, dass er mit der Landesvertretung der Techniker Krankenkasse einen verständnisvollen Partner gefunden und diese Ausstellung finanziell unterstützt hat.
Die Ausstellung ist noch bis 17.09.2010 in Schwerin präsent.
 
 
 
 
  IMPULS   6 / 2009  
 

Vom Tanz mit dem Pinsel und dem Zauber der Farben

Wanderausstellung „polio kreativ" in VR Bank Weimar eG, Gst. Apolda

 

 
Aktuell und bis zum 05. September 2009 ist eine bemerkenswerte Ausstellung zu den Öffnungszeiten in der Geschäftsstelle Apolda der VR Bank Weimar eG zu sehen. Unter dem Motto „Polio kreativ" sind ca. 40 (von über 100) Werke ausgestellt. Die Künstler aus ganz Deutschland sind alle an Kinderlähmung erkrankt und schwer- bzw. schwerstbehindert. Anita Diener (Foto, Ii, mit Annegret Meyer und Christine Lieberknecht, re.), Beschäftigte im LRA Weimarer Land und Sprecherin des Landesverbandes Poliomyelitis, will mit dieser Wanderausstellung (u.a. bereits in Kromsdorf, Apolda, Erfurt, Rottweil, Rostock, Rheinsberg und im Thermalbad Wiesenbad) auch eine Brücke bauen zwischen Menschen mit Behinderung und gesunden Menschen. Alles begann zum 10. Polio-Tag des Landesverbandes „Poliomyelitis" Thüringen, zu dem die Selbshilfegruppe Weimar/Weimarer Land im Schloß Kromsdorf etwas Besonderes gestalten wollte. Es wurde eine großartige Präsentation von Bildern, in der Künstler aus der ganzen Bundesrepublik vertreten sind. Nun eine vielgefragte Ausstellung!
Die ausgestellten Werke reflektieren die ganz unterschiedlichen Beweggründe und die Hingabe zur Malerei, zum Fabulieren mit Farben. Durch Kreativität und Gestaltungskraft versuchen die beteiligten Künstler ihre schwere Behinderung zu kompensieren, zu verarbeiten und ihren Empfindungen Ausdruck zu verleihen. Ein profanes Kreuz, wenn der Lebensmut auf Null gesunken ist - oder ein zersplitterter Eisberg, wie es der Künstler Tom House-Arno aus Irland in seiner Trilogie darstellt? Nach besiegter Krankheit leuchtet in den schönsten Farben eine Blume. „Erkenntnis" nennt er sie.
Eine Rollstuhlfahrerin sucht des sommers die Wärme und die hellsten Motive, um sie im tristen, dunklen Winter in farbenprächtigen Bildern neu entstehen zu lassen. Woher nur nehmen die an Polio Erkrankten die Kraft, den Optimismus und die Lebensfreude? Schafft Kunst so eine Brücke, wie diese Brücke auch die Kunst verstehen lässt? „Kunst kennt keine Behinderung, Kunst kennt keine Grenzen, Kunst ist Brücke, eine Brücke zur Begegnung vom Künstler und seiner Behinderung zu erfahren", hob die Sozialministerin Thüringens Christine Lieberknecht hervor, die gern die Schirmherrschaft über das Projekt übenlahm. Sie würdigte zugleich die Kraft, die von über 1500 Selbsthilfegruppen in Thüringen ausgeht.
Mit bewegter Stimme und herzlichen Worten begründete Annegret Aileyer, Geschäftsstellenleiterin in Apolda der VR Bank Weimar eG, warum die Ausstellung in den Räumen statt findet. Sie hatte selbst engst Begegnungen mit Behinderten in der Rehe-Klinik im Thermalbad Wiesenbad. ,„Ich erlebte, was es bedeutet, Leben in der Krankheit neu zu lernen." Deshalb kam es einem Herzensbedürfnis gleich, Anita Diener für den Landesverband einen Scheck der VR Bank Weimar eG in Höhe von 500 Euro zu übergeben.
Mittlerweile gibt es eine „Warteliste" für weitere Ausstellungsorte. Im Herbst werden die Bilder zum 10. Polio-Tag in Rheinland-Pfalz in Koblenz zu sehen sein. Eine Anfrage der „Polio-Union" Irland liegt ebenfalls vor. Anfang 2011 präsentieren die Künstler diese Ausstellung in den Räumen der VR Bank in Weimar. Ein Katalog wurde zum Verkauf aufgelegt. Vom Erlös gehen 1,50 Euro in einen Fonds der Polio-Projekte in Tansania und Kenia zur Bekämpfung der Poliomyelitis und die Betreuung von Polio-Betroffenen vor Ort.
 
 
 
 
    2 / 2009  
 

Neues Glanzlicht in Thermalbad Wiesenbad

Eröffnung des Anbaues der Kurparkhalle und der Ausstellung „polio kreativ"
Ursula Schäfer

 
     
Die neue Galerie im Kurparkhaus / Gesprächsrunde am Rande der Eröffnung

 
Wenn im Februar draußen eisige Temperaturen herrschen, Schneeflocken und glatte Straßen das Autofahren zum Risiko werden lassen, möchte man als „Polio" eigentlich hinter dem warmen Ofen bleiben. Es sei denn, in Wiesenbad lockt ein Ereignis wie die Eröffnung des Anbaues der Kurparkhalle, zu der von Herrn Leibiger, dem Geschäftsführer der Kureinrichtung, eingeladen wurde. Dann ist auch der Weg von Jena nicht zu weit.
Die Kurparkhalle ist das kulturelle Zentrum des in den 90er Jahren auf dem Areal der ehemaligen Spinnerei entstandenen Parks. An das alte Werk kann ich mich noch gut erinnern. Schon durch den Gestank, der in den 60er und 70er Jahren in periodischen Abständen Wiesenbad verpestete, wenn der Flachs geröstet wurde, hat es sich tief in mein Gedächtnis eingegraben. Ich habe auch den schockierenden Anblick nicht vergessen, wenn die Insassen des in der nahe gelegenen Himmelmühle stationierten Frauengefängnisses in ihrer Sträflingskleidung mit Hundestaffeln zur Arbeit in „die Spinne" gebracht wurden. Die unmenschlichen Arbeitsbedingungen konnte ich mir bei einer späteren Besichtigung ansehen: Lärm, Schmutz und Gestank prägten das Bild. Unfassbar, was den Arbeitern dort zugemutet wurde. Zum Glück sind diese Zeiten vorbei.
Wie anders sieht es heute an dieser Stelle aus! Ein wunderschöner Kurpark schlängelt sich an den Ufern der Zschopau entlang und lässt das ehemalige Werksgelände vergessen. Gekonnt wurde die Flussaue in den Park eingegliedert. Ein Kräutergarten lädt zum Riechen und Kosten ein, ein Teich sorgt mit Brücke, Goldfischen und Pavillon für Abwechslung und das Tropenhaus bietet Interessantes und Lehrreiches. Die behindertengerechte Kurparkhalle ist in jedem Fall einen Besuch wert. Sie lockt mit ihrem Kräuterladen, der Kräuterküche, einer kleinen Verkaufsgalerie, einem Glaskünstler sowie einer Gaststätte. Die Naturparkgalerie bietet wechselnde Ausstellungen.
Mit der Eröffnung des Anbaus wurde nun auch die erste Etage nutzbar. Rund 400 Quadratmeter zusätzliche Fläche konnten gewonnen werden, Raum für große Ausstellungen und andere kulturelle Höhepunkte. Durch einen - leider etwas kleinen - Fahrstuhl ist die obere Etage jetzt ebenfalls barrierefrei; und damit ist eine weitere Hürde in der Entwicklung des Kurortes genommen. Zirka 60 Gäste aus nah und fern waren trotz des schlechten Wetters der Einladung gefolgt. Das rote Band wurde zerschnitten, und die Gäste konnten das neue Treppenhaus und die Galerie-Etage einweihen. In dem großen lichten Raum hatte Anita Diener zusammen mit fleißigen Helfern die Ausstellung „polio kreativ" aufgebaut.
Die Ausstellung „polio kreativ" ist mittlerweile schon beinahe legendär. Initiiert von Anita Diener wurde sie erstmalig zum Thüringer Poliotag 2006 in Schloss Kromsdorf bei Weimar präsentiert. Der Erfolg war überwältigend. Inzwischen stellen zahlreiche Künstlerinnen und Künstler aus ganz Deutschland aus. So vielfältig wie die Menschen, so vielfältig sind die angewandten Techniken: Aquarell-, Pastellkreide-, Öl- und Acrylmalerei, Computergrafiken, Mikrofotografie und Druckgrafiken. Eines aber ist allen gemein, die Farbenfreude und die Intensität. Die Nachfrage nach der Ausstellung ist so groß, dass die Bilder seit Ende 2006 auf Wanderschaft in ganz Deutschland von Mecklenburg bis Baden-Württemberg waren. Bis in das Jahr 2010 ist die Exposition ausgebucht, und sogar aus Irland wurde schon nachgefragt. Aber wo ist sie besser aufgehoben, als in Thermalbad Wiesenbad, dem Ort, in dem seit rund 50 Jahren viele Polios Linderung erfahren haben und der für zahlreiche von ihnen zur zweiten Heimat wurde. Das Interesse an den Exponaten war entsprechend groß und die Diskussionen sehr rege. Optimistisch strahlen die Bilder über schlechtes Wetter und körperliche Beschwerden hinweg. Viel zu schnell verging die Zeit bei Häppchen, Sekt und guten Gesprächen. Erfüllt fuhren wir durch Schnee und Matsch wieder nach Hause und freuen uns schon auf das nächste Treffen.
 
 
 
 
    2 / 2009  
 

Die Wanderausstellung „polio kreativ"

von Margit Glasow

 
Die Wanderausstellung „polio kreativ" befindet sich gegenwärtig in Thermalbad Wiesenbad. Hier wurde mit der Eröffnung des neuen Anbaus in der ersten Etage auf einer Fläche von 400 Quadratmetern ein Raum für große Ausstellungen nutzbar. Initiiert wurde diese Ausstellung 2006 vom Landesverband „Poliomyelitis" Thüringen und ist zwischenzeitlich zu einer sehr erfolgreichen Wanderausstellung geworden. Die 14 Künstler aus der ganzen Bundesrepublik sind alle an Kinderlähmung erkrankt und schwer- bzw. schwerstbehindert. Durch ihre Gestaltungskraft versuchen sie, ihre Krankheit zu verarbeiten. Vielleicht ist es gerade aus diesem Grund eine sehr farbenfrohe Ausstellung, die Lebensfreude und Kreativität ausstrahlt. Polio-Nachrichten möchte an dieser Stelle in Folge einige Künstler dieser Ausstellung vorstellen.
 
Im Portrait: Gerda Wegner
     
Die gebürtige Berlinerin hat Usedom zu ihrer Wahlherimat auserkoren
 
Die 1943 in Berlin geborene Malerin ist eine der Künstler und Künstlerinnen, die sich mit ihren Bildern an der Wanderausstellung „polio kreativ" beteiligt. Sie ließ sich Anfang 2009 dafür begeistern, als die Ausstellung im Norden Deutschlands, in der Küstenmühle in Rostock zu sehen war. Ihre Bilder in Pastellkreide, Acryl oder auch in Öl zeigen neben einigen Stillleben meist die reizvolle Landschaft ihrer Wahlheimat Usedom. Gerda Wegner liebt diese Insel im Nordosten Mecklenburg-Vorpommerns mit ihren Seen, Wiesen und Wäldern und 42 Kilometern feinstem Sandstrand. Hier sitzt sie gern und viel auf ihrer Terrasse im Ostseebad Koserow und malt. Immerhin ist die Insel zwischen Achterwasser und Stettiner Haff mit durchschnittlich 1917 Sonnenstunden im Jahr die sonnenreichste Gegend Deutschlands.
Im Jahre 1947 erkrankt Gerda Wegner an Kinderlähmung. Ihre Lähmungen von der Brust abwärts machen einen etwa einjährigen Krankenhausaufenthalt nötig. Doch danach ist das Mädchen fast vollständig wiederhergestellt, sie ist sportlich aktiv, rudert und tanzt. Nach der Schule lernt sie Technische Zeichnerin, macht ihren Abschluss zum Ingenieur und schließt ein Pädagogikstudium an. Anschließend arbeitet sie in der Berufsausbildung mit ca. 1000 Lehrlingen.
Nach einem weiteren Jahr Direktstudium der Gesellschaftswissenschaften wird sie Vorsitzende einer Betriebsgewerkschaftsleitung. Dann lernt sie einen Mann mit drei Kindern kennen und möchte dem gebürtigen Koserower in seine Heimat folgen.
Sie bewirbt sich beim Kreisvorstand der Gewerkschaft in Wolgast und wird Leiterin der dortigen Bildungsstätte der Gewerkschaft.
Doch nach der Wende wird diese Arbeit nicht mehr gebraucht. Gerda Wegner ist ein Jahr arbeitslos, bekommt aber schließlich eine Stelle bei der AOK, für die sie sich sehr viel Wissen selbst aneignet und dort ca. neun Jahre arbeitet. Mit 55 Jahren geht sie in den Vorruhestand, um mit ihrem Mann, der bereits Rentner ist, gemeinsam die Zeit zu genießen. Nach 40 Jahren, in denen sie voll gearbeitet hat, fällt ihr dieser Schritt zunächst schwer. Um sich an die neue Situation zu gewöhnen, stellt sie sich vor, sie sei in Urlaub und beschäftigt sich mit vielen kreativen Dingen.
Doch der Vorruhestand ist getrübt. Nach einem Jahr bekommt sie die Diagnose Krebs, zusätzlich stellt sich nach einer schweren Operation das PPS ein. Das verändert viel in ihrem Leben, vor allem das Laufen ist von nun an durch eine zunehmende Muskelschwäche in den Beinen eingeschränkt.
Um ihre neue Lebenssituation zu akzeptieren und sich aufzubauen, beginnt sie zu malen, zunächst unter Anleitung in der Begegnungsstätte „Wohnen und Leben im Alter".
„Malen wollte ich schon immer, das habe ich wohl von meiner Mutter, die in Berlin an der Kunstschule Malerei studiert hat", erzählt die vitale Frau.
Durch Zufall erfährt Gerda Wegner vor fünf Jahren von der Existenz der Polio-Selbsthilfegruppe. Heute engagiert sie sich aktiv sowohl in der Polio- als auch in der Krebsselbsthilfegruppe.
 
 
 
 
    22. 10. 2008  
 

Vernissage zur Ausstellung „polio kreativ" in der Küstenmühle

 

"Erkenntnis" von Tom House

Dem Wirken von 15 Künstlern aus ganz Deutschland, die heute mit den Spätfolgen von Poliomyelitis, der sogenannten Kinderlähmung, leben, ist eine Ausstellung gewidmet, die am 25. Oktober um 17 Uhr in der Küstenmühle Rostock/Hinrichsdorf eröffnet wird.
Es handelt sich dabei um sehr farbenfrohe Bilder, die Lebensfreude und Kreativität ausstrahlen. Die Exposition ist gleichzeitig ein Beweis dafür, dass es den freischaffenden Künstlern nicht nur darum geht, ihre Behinderung zu verarbeiten, sondern dass sie alle dem Anspruch auf Professionalität gerecht werden. Initiiert wurde diese Ausstellung 2006 vom Landesverband "Poliomyelitis" Thüringen und ist zwischenzeitlich zu einer Wanderausstellung geworden. Sie umfasst zurzeit ca. 95 Bilder der unterschiedlichsten Formate und Techniken. Die Ausstellung war nach der Eröffnung bis September 2006 in Scloß Kromsdorf bei Weimar und in der Folge an den unterschiedlichsten Orten in Thüringen und in Rottweil zu sehen. Seit Januar 2008 waren die Expoinate in der Hauptgeschäftsstelle der AOK in Erfurt ausgestellt. Desweiteren wurden sie im Landratsamt Weimarer Land und zurzeit in Rheinsberg in der Fürst Donnersmark Stiftung gezeigt. Die Küstenmühle in Hinrichsdorf wird die Werke bis voraussichtlich 25. Januar 2009 zeigen. Die Mühle ist ein idealer Ort für die ausstellung, da sie barrierefrei zugänglich ist und gleichzeitig Bio-Café beherbergt, in dem man bei Kaffee und Kuchen gemütlich entspannen kann. Alle Gerichte der Speisekarte stammen aus biologischem Anbau von den Feldern der Region.
 
 
 
 
    10. 07. 2008  
 

Farbenfrohes im Landratsamt

Wanderausstellung zeigt seit gestern zahlreiche Bilder ungewöhnlicher Künstler
 
     
GENAU HINGESCHAUT:
Christian Vogel aus dem Landratsamt sieht sich die Bilder der ungewöhnlichen Wanderausstellung ab. Bis 12. September dauert die Schau

Feierlich eröffnet wurde gestern im Landratsamt die Wanderausstellung „Polio kreativ". Die Schau zeigt rund 30 farbenfrohe Werke, welche schwerbehinderte Menschen kreierten.
Von Tino RICHTER
Apolda Dass sich Kreativität, Lebensfreude und körperliche Behinderungen nicht ausschließen, würdigt seit gestern die Wanderausstellung „Polio Kreativ" des Thüringer Landesverbands Poliomyelitis im Landratsamt. Zachdem der chilenische Gitarrist Guzman die Schau musikalisch eröffnete, konnten sich die Besucher ausführlich den Werken der Künstler widmen. Auch Karin Stumpf von der heimischen Polio-Selbsthilfegruppe warf einen genauen Blick auf die Computer-Grafiken, Holzschnitte und Landschaftsportraits. „Die Bilder geben viel von den Schicksalen der Betroffenen preis", erklärt die Besucherin. „Dennoch sind sie zum Großteil sehr farbenfroh".
Ein Aspekt den auch Anita Diener vom Landesverband Poliomyelitis aufgriff. Ein Anliegen der Wanderausstellung sei es zu zeigen, dass eine Menge Optimismus und Lebensfreude in den Behinderten stecke. „Wir wollen mit der Schau Brücken zwischen Betroffenen und Nichtbetroffenen schlagen, erläutert Diener.
Ihre Premiere erlebte die Ausstellung zum 10. Polio-Tag im Schloss Kromsdorf. Da die Resonanz groß war, wurden die Bilder auf Reise durchs gesamte Bundesgebiet geschickt. Immer mehr Erkrankte traten an die Organisatoren heran, um ihre Bilder zeigen zu können. „Inzwischen können wir hier nur noch einen kleinen Teil ausstellen", erklärt Diener, der im Laufe der Zeit „jedes Kunstwerk ans Herz gewachsen ist". Noch bis zum 12. September besteht die Möglichkeit, sich die Werke der Behinderten im Obergeschoss des Apoldaer Landratsamtes anzusehen.
 
 
 
 
    31. 07. 2007  
 

Das Malen hilft ihr im Kampf
gegen die Polio-Spätfolgen

Brigitte Schmidt aus Epfendorf erkrankte als dreijähriges Mädchen an Kinderlähmung
 

 
Bilder der als Dreijährige an Kinderlähmung erkrankten und heute noch an den Spätfolgen dieser Krankheit leidenden Brigitte
Schmidt aus Epfendorf sind derzeit in der Ausstellung »polio kreativ« im Kreiskrankenhaus Rottweil zu sehen. Foto: Elfi Roth

Kreis Rottweil Seit vielen Jahren gilt in Deutschland und Europa die Poliomyelitis, besser bekannt als Kinderlähmung, als überwunden. Aber noch immer müssen. rund 40 Prozent der 60.000 Menschen, die in Deutschland an Polio erkrankt waren, mit Spätfolgen leben.
Diese Spätfolgen, Post-PolioSyndrom, machen sich mit Muskelschwund, starken Schmerzen, Lähmungen, Müdigkeit und Atemnot bemerkbar. Davon betroffen ist auch Brigitte Schmidt aus Epfendorf.
Der weltweit im Oktober begangene Polio-Tag soll an die heimtückische Viruskrankheit und den Entdecker des Virus, Jonas Salk, sowie den von ihm 1955 entwickelten Impfstoff erinnern. Nach Einführung der Schluckimpfung ging die Zahl an Kinderlähmungserkrankungen sprunghaft zurück, und 2002 ist Europa von der Weltgesundheitsorganisation für poliofrei erklärt worden. Doch die Gefahr einer Einschleppung von Polio-Viren aus anderen Regionen der Welt ist nicht zu unterschätzen. Um das zu verhindern, empfiehlt der Bundesverband Poliomyelitis weiterhin die Impfung.
Brigitte Schmidt erkrankte 1949 im Alter von drei Jahren. »Nach überstandener Infektion blieben Behinderungen im linken Bein zurück«, erinnert sie sich. Drei Operationen mit Sehnenverlängerungen waren notwendig, sie musste jahrelang einen Stützapparat tragen. »Als ich 17 war, wollte ich ein normales Leben führen wie alle anderen Menschen.« Sie belegte Yoga- und Tanzkurse und machte täglich Gymnastik. Es gelang ihr, ohne Beschwerden einwandfrei zu laufen. Sie absolvierte eine Lehre als Industriekauffrau, heiratete mit 25 Jahren und bekam zwei Söhne.
Schmidt führte ein aktives Leben mit ihrer Familie, begleitete ihren Mann auf Bergwanderungen, leitete zwei Tanzgruppen, eine Yogagruppe und eine Seniorengyrnnastikgruppe, als sie plötzlich, 40-jährig, von heftigen Schmerzattacken heimgesucht wurde und Lähmungserscheinungen hatte. »Die Ärzte hielten mich für eine Simulantin«, erzählt sie weiter. »Ich habe mich minderwertig und nutzlos gefühlt.« Erst nach wochenlangen Untersuchungen in der Polio-Forschungsabteilung der Medizinischen Universität in Hannover sei das Post-Polio-Syndrom diagnostiziert worden. »Diese Beschwerden sind lediglich mit inaktiver. Krankengymnastik zu behandeln.« Schmidt weiß, dass die Behinderungen fortschreiten können. Trotzdem strahlt sie eine heitere Gelassenheit aus. »Mit meinem Mann an meiner Seite habe ich meine körperliche Hilflosigkeit angenommen, und im Glauben und mit dem Malen meinen Frieden gefunden.« Seit etwa zehn Jahren malt sie Bilder in Pastell oder Acryl. Im Rahmen der Ausstellung »polio kreativ« im Kreiskrankenhaus Rottweil sind auch einige ihrer Bilder zu besichtigen.
 
 
 
 
    21. 09. 2007  
 

Tanz mit dem Pinsel

Neue Ausstellung im Kreiskrankenhaus

 
Kreis Rottweil Im Rottweiler Kreiskrankenhaus ist derzeit eine ganz besondere Ausstellung zu sehen. Der Landesverband »Poliomyelitis« Thüringen zeigt in Zusammenarbeit mit der Regionalgruppe Kreis Rottweil und Umgebung bis Ende Dezember in der Wanderausstellung 60 Werke aus den Bereichen Malerei, Grafik und Fotografie. Die Kunstschaffenden sind Menschen aus ganz Deutschland, die an den Spätfolgen von Kinderlähmung leiden.
Zahlreiche Gäste kamen zur Ausstellungseröffnung. Margrit Marte, die Sprecherin der Regionalgruppe »Poliomyelitis«, sowie Anita Diener vom Landesverband Thüringen, lnitiatorin der Ausstellung, beleuchteten die Hintergründe der Ausstellungsentstehung: In den Selbsthilfegruppen sei immer wieder aufgefallen, wie kreativ einzelne Mitglieder seien und wie die Kreativität oft ein Ausweg aus der krankheitsverursachten Isolation sei. »So wurde der Gedanke geboren, eine Ausstellung zu organisieren.«
Mit Brigitte Schmidt, Thomas House-Arno und Robert Schmidt sind darin auch Künstler aus der Region vertreten. Tom House, in Königsfeld-Buchenberg lebender Schotte, hat eindrücklich seinen Lebensweg nachgezeichnet, der durch die Kinderlähmung, an der er im Alter von sechs Jahren erkrankte, maßgeblich beeinflusst wurde. Aus Epfendorf stammt Brigitte Schmidt, die ihre Lebensfreude lange Zeit durch Tanzen und Sport ausdrückte. Die Spätfolgen der Polio nahmen ihr schließlich diese Möglichkeiten - durch Zufall kam sie zum Malen. Heute »tanzt sie mit dem Pinsel«, was ihren Bildern anzusehen ist. Alle Exponate zeichnen sich durch Farbenfreudigkeit aus und strahlen Lebensmut und ein großes Stück Optimismus aus. Musikalisch umrahmt wurde die Vernissage von Mathias Schuhmacher von der Musikschule Dunningen am Marimbaphon und den Gitarristen Maffia und Mario D'Avanzo aus Albstadt.
In den Fluren der drei Stockwerke des Kreiskrankenhauses sind die Werke noch bis Ende Dezember frei zugänglich zu besichtigen.
 
 
 
 
    03. 09. 2007  
 

Bilder von Polio-Erkrankten im Kreiskrankenhaus

 
ROTTWEIL Eine große Überraschung verbirgt sich hinter dieser Wanderausstellung, von an den Spätfolgen Polio (Kinderlähmung) erkrankter Menschen aus ganz Deutschland, die am Sonntag, 9. September im Kreiskrankenhaus Rottweil, um 10.30 Uhr als Vernissage eröffnet, und bis zum 31. Dezember zu sehen sein wird.
Es sind Werke aus den Sparten Malen. Grafik und Fotografie, die diese Menschengruppe geschaffen und damit ihre Lebensfreude zum Ausdruck bringen - eine große Vielfalt von rund 90 Exponaten. Diese Wanderausstellung wurde anlässlich des 10. Polio-Tages in Thüringen, am 17. Juni 2006 in Schloss-Kromsdorf gestartet. Auch Bilder von drei Ausstellern aus Baden-Württemberg sind mit dabei.
Jedes Bild erzählt seine eigene Geschichte, aber vordergründig sind die Leitmotive: Farbenfreude, Lebensmut und ein großes Stück Optimismus. Das diese PPS-Kranke (Post-Polio-Syndrom) ihr Lebensglück mit großen Handikaps zu bewältigen haben, ist ohne Zweifel eine Tatsache. Viele Polio-Betroffene besitzen eine besondere Sensibilität und künstlerische Gestaltungsfähigkeit. Die ungemein positive Ausstrahlung vieler dieser Bilder beruht auf einem Prozess der Verarbeitung der Krankheit als auch einer Art Zuflucht vor ihr und Foto schafft gleichzeitig Ablenkung von den Schmerzen und der Immobilität. Besucher der Vernissage/Ausstellung sind recht herzlich willkommen.
 
 
 
 
    5 / 2007  
 

Für viele war es kein leichter Schritt

 
Bad Liebenstein. Mehr als 30 Malereien und Fotografien säumen derzeit den Flur zur Cafeteria der Fachklinik. Die Werke gehören zur Wanderausstellung "polio kreativ" des Landesverbandes Poliomyelitis. Alle Künstler verbindet das gleiche Schicksal. In ihrer Kindheit waren sie an Poliomyelitis, der Kinderlähmung erkrankt, und haben noch heute an den Folgen der Krankheit zu kämpfen.
„Die Idee für eine Kunstausstellung kam zum 10. Poliotag Thüringen 2006" erklärte Anita Diener, Sprecherin des Landesverbandes, die die Exposition eröffnete. Damals seien die Mitglieder aufgerufen worden, Werke einzuschicken. Die Vielzahl an Malereien, Fotografien, Tröpferarbeiten und Bildhauereien waren im Schloss Kromsdorf erstmalig der Öffentlichkeit präsentiert worden.
Der sehr gute Zuspruch hatte die Initiatoren veranlasst, einen Teil der Malereien und Grafiken in einer Wanderausstellung zu zeigen. „So wollen wir Stücke, die Betroffene in einer sehr schweren Zeit geschaffen haben, möglichst vielen Leuten zugänglich machen und anderen Kranken Mut machen, ihr Schicksal besser zu meistern," erklärt Anita Diener. Für viele der Künstler sei es das erste Mal das sie ihre Werke der Öffentlichkeit preisgeben. Für einige sei dies kein leichter Schrit gewesen. Renate Wida-Vogel, Hauswirtschaftsleiterin der Klinik, war in Tabarz auf die Ausstellung aufmerksam geworden und hat sie nun nach Bad Liebenstein geholt.
Mehrere Zeichnungen in knalligen Orange- und Gelbtönen stechen sofort ins Auge. Neben fantasievoll wirkenden Blumenmotiven hängen Ansichten von Bäumen. Erst beim näheren Hinsehen ist zu erkennen, dass der auf einem Bild dargestellte alte verwurzelte Baum von Stützen gehalten werden. Trotzdem wirkt er fest im Leben stehend. Geschaffen hat die Bilder Robert W. Schmidt aus Pforzheim. „Für mich ist Malen Lebensfreude und Therapie" steht unter einem Foto mit einem fröhlich lächelnden Mann. Die Vita des Künstlers erzählt eine lange Krankengechichte, die in der Erwerbslosigkeit endete.
Auch Heidrun Becker hat sich mit Landschaftsmalereien beteiligt. Ihre Bilder sind kleiner als die der anderen. Wegen der Lähmung ist es ihr nicht möglich in einem größeren Radius malen. Einer ganz anderen Kunstform hat sich Ursula Schäfer aus Jena gewidmet. Sie hat die Mikrofotografie für sich entdeckt. Auf die wunderbar leuchtenden Farbkristalle war sie berufllich bei der Zerspaltung von Bernstein gestoßen. Durch weiteres Experimentieren gelangen ihr immer neue faszinierende Aufnahmen. Ihre Fotos lassen den Betrachter in eine Traumwelt eintauchen. Eine ausstellung, die nicht nur zum Hinschauen sondern auch zum Nachdenken anregt.
 
 
 
 
    2007  
 

Wanderausstellung ,polio kreativ'

 
  
 
Wenn die Beine nicht mehr wollen, kann man den Pinsel tanzen lassen

 
Lebensfreude spreche aus den Bildern, betonte Verwaltungsdirektor Maier bei der Eröffnung der Wanderausstellung ,polio kreativ'. Doch Freude am Leben ist für einen, der an Kinderlähmung erkrankt ist, sicher keine Grundstimmung. Das schwere Schicksal zu akzeptieren und zu einer positiven Einstellung zu finden, ist nicht selbstverständlich. Doch Kreativität, aber auch der Kontakt zu anderen Betroffenen können helfen.
Die Ausstellung mit rund 60 Werken an Kinderlähmung Erkrankter ist bis zum 31.12.2007 im Krankenhaus Rottweil zu sehen. Veranstalter ist der Landesverband „Poliomyelitis" Thüringen in Zusammenarbeit mit der Regionalgruppe „Poliomyelitis" Kreis Rottweil und Umgebung.
,Schluckimpfung ist süß — Kinderlähmung ist bitter'. An diese Aufforderung zum Schutz vor der Virus-Erkrankung erinnern sich zumindest noch die etwas Älteren. Obgleich die WHO (World Health Organization) 2002 Europa für Poliofrei erklärte, wird vor Impfmüdigkeit gewarnt, denn weltweit ausgestorben ist die Erkrankung nicht.
Ein Blick auf die Rollstühle und Gehhilfen bei der Ausstellungseröffnung verweist auf das Schicksal der Betroffenen.
Was die Kinderlähmung für ihn bedeutet, formulierte Thomas House-Arno in drei kurzen ergreifenden Lesungen.
Aber gerade dies ist ein Anliegen der ,polio kreativ' Veranstaltung: zu zeigen, dass es viele Betroffene gibt, mit ihren speziellen Problemen. Es gibt aber auch die Selbsthilfegruppen und darunter Leute, die trotz allem Freude am Leben haben — und sie zeigen.
 
 
 
 
    16. 06. 2006  
 

Trotz Polio aktiv und kreativ

 
Kromsdorf Der Landesverband Poliomyelitis veranstaltet morgen im Kromsdorfer Schloss den 10. Polio-Tag. Die Veranstaltung steht unter der Schirmherrschaft von Gesundheitsminister Klaus Zeh, der im Rahmen dieses Treffens auch die Ausstellung „polio-kreativ" eröffnet. Eine Ausstellung von rund 60 Bildern und Plastiken, die Menschen gestaltet haben, die an den Folgen der Kinderlähmung leiden und dennoch voller Lebensfreude sind.
In Thüringen wurden die drei letzten Polio-Erkrankungen 1962 erfasst. Die Durchimpfungsrate liegt zurzeit bei über 90 Prozent. Doch da Kinderlähmung noch nicht weltweit ausgerottet ist, genießt auch nur der den Schutz vor dieser Erkrankung, der sich ausreichend impfen lässt.
 
 
 
 
    19. 06. 2006  
 

Treffen in großer Runde

 
Viel Wiedersehensfreude gab es Samstag in Kromsdorf. Das alte, aber barrierefreie Schloss und sein Park bildeten den Rahmen für den 10. Thüringer Polio-Tag und das Sommerfest der Selbsthilfegruppen Erfurt, Jena und Weimar/ Weimarer Land.

 
Kromsdorf Nicht von ungefähr erinnerte Wolfgang Knappe, Geschäftsführer des in Schloss Kromsdorf ansässigen Thüringer Filmbüros, am Samstag mit Zeitungsausschnitten an ein Ereignis, das jetzt mehr als fünf Jahren zurückliegt. Denn ohne den damals erfolgten Einbau eines Fahrstuhls und dessen offizielle Inbetriebnahme am 15. Februar 2001 wäre am Samstag die Eröffnüng des 10. Thüringer Polio-Tages in den alten Schlossmauern nicht möglich gewesen. So aber konnten behinderte Menschen aus ganz Thüringen und darüber hinaus, unter ihnen auch mehrere Rollstuhlfahrer, die so genannte Festebene problemlos erreichen. Hier gab es für Anita Diener, seit 2001 Sprecherin des Thüringer Landesverbandes Poliomyelitis, viel Grund zur Freude und allen Grund auch stolz zu sein. Zum einen fand das traditionelle Treffen von Menschen, die an den vielfältigen Folgen einer Erkrankung an Kinderlähmung leiden, erneut großen Zuspruch. Und Anerkennung die Arbeit des 1991 gegründeten Landesverbandes mit Selbsthilfegruppen u. a. in Jena, Erfurt sowie in Weima/Weimarer Land nicht nur in offiziellen Grußworten, sondern auch in Form eines Schecks über 5.000 Euro von der AOK Thüringen. Stolz war Anita Diener, weil sie am Samstag eine Ausstellung präsentieren konnte, die ausschließlich von Menschen gestaltet wurde, die trotz Kinderlähmung und den daraus resultierenden Behinderungen mit Freude und sichtbarem Erfolg der Arbeit mit Farbe, Pinsel und Ton frönen. Unter den Ausstellern ist auch die über die Kreisgrenzen hinaus bekannte Malerin Heidrun Becker-Beltz aus Bad Berka. — Zu sehen ist die Ausstellung „polio kreativ" bis Mitte September.
 
 
 
 
    19. 06. 2006  
 

Werke voller Lebensfreude

 
Polio-Erkrankte stellen Arbeiten aus

 
Kromsdorf Anlässlich des zehnten Poliotages in Thüringen wurde am Sonnabend im Kromsdorfer Schloss eine Ausstellung eröffnet. Polio-Betroffene und Post-Polio-Erkrankte zeigen in 70 Exponaten aus den Sparten Malerei, Grafik, Fotografie und figürliches Gestalten eine große Vielfalt, aber auch, dass sie sich von der Krankheit nicht Lebensmut und Kreativität rauben ließen. Von den 14 Künstlern kommen zehn aus Thüringen. Aber auch außerhalb der Landesgrenzen wurde der Ruf nach einer gemeinsamen Ausstellung, für die Anita Diener, Sprecherin des Landesverbandes "Poliomyelitis", im Herbst vergangenen .Jahres per Internet warb, gehört.
Die wohl weiteste Anreise nach Kromsdorf hatte Robert Schmidt (52) aus Immendingen, der mit zwölf Bildern die Ausstellung bereichert. Farbenfroh und von großer Intensität schuf der Künstler seine Werke in Tusche und Kreide, wobei er seine Techniken mit feinen Kontrasten ergänzte. Runde Formen wurden so beispielsweise durch eckige ergänzt. Als Haupt-Motiv findet sich in seinen Arbeiten immer wieder der Baum — für ihn Inbegriff des Lebens, den er immer wieder sucht und zeichnet Der Künstler bietet Bilder an, die zum Weiterzeichnen animieren, den Betrachter inspirieren. Seit eineinhalb Jahren zeichnet der gelernte Florist wieder. In der Schule hatte ihn die Leidenschaft gepackt, nun lebt er seine Passion täglich zwei bis drei Stunden aus, wobei er sich aber nur schwer von seinen Arbeiten trennen kann. "Noch steckt zu viel von mir persönlich darin, noch kann ich schlecht loslassen", meint er. Gemeinsam mit seinem Freund Bernd Lampe entdeckte er am Samstag nicht nur das Schloss und den Park Kromsdorf, auch Weimar faszinierte die beiden Besucher bei ihrer ersten Begegnung mit der Stadt.
Jedes Bild eine Geschichte — so könnte die Ausstellung „polio-kreativ", die bis zum 10. September zu besichtigen ist, betitelt sein. Denn so bunt wie das Leben zeigen sich auch die Motive: farbenfroh, Lebensmut und Optimismus versprühend. Dass die Aus-stellung wandern muss, darin waren sich alle Gäste zum Sommerfest einig: Die AOK und Schloss Ettersburg haben bereits Interesse signalisiert.